In Deutschland werden im Jahr durchschnittlich 26 Kilogramm Textilien gekauft, schreibt das Umweltbundesamt. Dabei hat die Herstellung große ökologische und soziale Auswirkungen. Beim Anbau der Baumwolle werden Pestizide eingesetzt, Chemikalien für die Weiterverarbeitung gelangen in den Wasserkreislauf und durch den Energieeinsatz entsteht CO2. Ich selbst bin Mode-Fan, lege dabei aber großen Wert auf Second Hand. Trotzdem wage ich mich an das 7-Tage Experiment und überlege mir, wie ich es möglichst spannend gestalten kann. Ich bezweifle, dass meinem Umfeld auffiele, wenn ich eine Woche ein schlichtes Outfit tragen würde, die große Erkenntnis bliebe dann wohl aus. Mir kommt die geniale Idee: Sieben Tage das gleiche Outfit tragen und mit anderen Accessoires pimpen! Außerdem frage ich meine Mitmenschen jeden Tag nach einer Bewertung meines Looks, um sicher zu gehen, dass sie auch darauf achten. Wenn sie es dennoch nicht bemerken, spräche das eindeutig für den Accessoire-Trick.
Die Woche startet unspektakulär, meine Freund:innen bewerten meinen Look mit einer acht von zehn. Ich habe eine schwarze Hose und einen schwarzen Pullover mit einem bunten Schal und einer blauen Strickmütze kombiniert. Noch ist alles im Lot, ich fühle mich wohl und freue mich auf die nächsten Tage. Ich habe einige Ideen, was ich mit dem All-In-Black-Look anstellen kann, ich krame Schals und Schmuck hervor und setze mir am nächsten Tag einen Hut auf. Trotzdem sinken die Bewertungen und mir fehlt die Individualität. Da hilft auch nicht einmal die Sicherheitsnadel, die ich als Ohrring trage. Studien sind sich einig, dass Kleidung maßgeblich für die Außenwirkung ist.
Im Laufe der Woche fällt mir auch auf, dass ich viel weniger schmutzige Wäsche habe als sonst. Waschen verbraucht nicht nur viel Wasser, es geraten in Deutschland auch jährlich mehr als 600 000 Tonnen Waschmittel ins Abwasser. Nicht alle Inhaltsstoffe werden in der Kläranlage abgebaut. Viele sind giftig für Wasserorganismen und können in unsere Flüsse und ins Meer gelangen. Mit einem minimalistischeren Kleidungsstil müsste ich vermutlich nur alle zwei Wochen waschen. An den letzten Tagen des Selbstversuchs krame ich nochmal tiefer in der Trickkiste. Ich trage ein rosa Barrett und einen karierten Blazer, ausgefallene Ohrringe und eine passende Kette dazu. Dennoch werden die Hose und der Pullover langsam oll. Ich greife zur Handwäsche und hänge sie über die Heizung, damit ich am nächsten Tag nicht nackt zur Uni muss.
Einer Umfrage von Greenpeace zufolge hängen in deutschen Kleiderschränken fast 5,2 Milliarden Kleidungsstücke, 40 Prozent davon werden selten oder nie getragen. Bemerkt hat mein Experiment am Ende der Woche keiner. Die Leute, die ich regelmäßig nach Bewertungen gefragt habe, sind allesamt überrascht. Das ist vermutlich das Zeichen, dass man viel weniger braucht, um sich wohlzufühlen, als man denkt. Ein sehr positives Fazit, vor allem für Menschen, die nicht ans Outfit von morgen denken wollen. Vielleicht sind Ausstrahlung und Charakter doch wichtiger für die Außenwahrnehmung als Kleidung.
...studiert Politikwissenschaften und Literaturwissenschaft und schreibt seit dem Wintersemester 2021/22 für den ruprecht. Nach langer Zeit in der Leitung widmet sie sich nun hauptsächlich Meinung, investigativen Recherchen und gesellschaftskritischen Themen.