Hass und Diskriminierung sind für viele queere Menschen leider noch immer Alltag. In den vergangenen Wochen häuften sich in Heidelberg Anfeindungen gegen Mitglieder der LGBTQ+ Community. So wurden Mitte Mai verschiedenen Sprüche an Gebäude in der Altstadt geschrieben, die sich gegen FLINTA*- Personen (Female, Lesbian, Inter, Non-Binary, Trans- und Asexuell) richteten. Neben dem Rathaus waren auch Gebäude der Universität von den Hassbotschaften betroffen. Am 14. Mai wurde außerdem die Fahrraddemo „Dykes on Bikes“ von mehreren Personen gestört, die das Ziel hatten, frauen- und queerfeindliche Flyer zu verteilen. Die Demonstration war der geplante Höhepunkt des Aktionsmonats „Open Dykes 2022“, der vom 23. April bis 23. Mai durch Vorträge, Kunst und Aktivismus die Sichtbarkeit von lesbischen, queeren und frauenliebenden Frauen erhöhen wollte. Besonderes Gewicht bekommen die Vorfälle durch den Zeitpunkt: So tauchten die Parolen genau an dem Tag auf, an dem das diesjährige Queer-Festival in Heidelberg eröffnet wurde. Am 17. Mai fand außerdem der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Ace-, Lesben-, Trans*- und Inter*feindlichkeit (IDAHOBIT) statt.
Viele Diskriminierungserfahrungen bleiben für nicht-queere Menschen im Verborgenen. Eine Studie des Autonomen Queer-Referats der Universität aus dem Jahr 2018 hat gezeigt, dass im Jahr zuvor nur sechs von 99 Diskriminierungsfällen gegenüber queeren Menschen in Heidelberg gemeldet wurden. Auch in Gesamtdeutschland wird der Großteil der Fälle nicht gemeldet oder zur Anzeige gebracht. Johannah Illgner, Mitorganisatorin bei Open Dykes, erklärt zu den Vorfällen in Heidelberg: „Auch in den vergangenen Jahren waren solche Anfeindungen leider an der Tagesordnung, oft werden diese Dinge jedoch von den Betroffenen als alltäglich empfunden und deswegen nicht zur Sprache oder gar zur Anzeige gebracht.“ Dabei kam in den vergangenen Jahren zu immer mehr Vorfällen gegen queere Menschen. Illgner erklärt sich den Anstieg mit der gestiegenen Sichtbarkeit der Community. „Dadurch, dass wir mit unseren Themen präsenter werden, unsere Rechte oft auch lautstark einfordern, fühlen sich die Täter:innen in ihrer Weltanschauung bedroht und es kommt öfter zu feindlichen Vorfällen gegenüber Queers.“
Als Reaktion auf die Vorfälle erklärte sich der StuRa solidarisch mit der queeren Community der Stadt und verurteilte die Provokation. Am 25. Mai fand im Rahmen des Queer-Festivals außerdem eine Sonderveranstaltung statt, die sich mit den Anfeindungen beschäftigte und „den Betroffenen Wort und Raum geben“ wollte. „Diese ganzen Vorfälle sind ein deutliches Signal an die gesamte Stadtgesellschaft, wie wichtig es ist, für unsere Grundwerte einzustehen.“, sagt dazu Illgner. „Der beste Schutz vor Diskriminierung ist eine Gesellschaft, die Vielfalt feiert, demokratische Grundwerte stärkt und Wertschätzung und Akzeptanz von Verschiedenheiten befördert.“ Von Universität und Stadt wünscht sie sich, dass bei Vorfällen klar und entschieden gegen Diskriminierungen vorgegangen wird. Außerdem solle es mehr Raum geben, um Diversität zu feiern und zur Normalität werden zu lassen.
...studiert Geschichte und Germanistik und ist seit 2020 beim ruprecht aktiv. Nach der Leitung der Ressorts Studentisches Leben und Weltweit interessiert sie sich inzwischen vor allem für das Layout.