Was hat Gott gegen uns Studierende der Altstadt? Warum werde ich so geprüft? Warum ist der Tegut in der Hauptstraße so unglaublich schlecht? All diese Gedanken drängen sich auf, wenn ich wieder seit einer Ewigkeit in der Kassenschlange stehe, dabei wollte ich doch nur schnell ’ne Mate und ’nen Apfelwein kaufen, um in den richtigen Flow zum Lernen zu kommen. Daher gewöhnte ich mir an, bei jeder Gelegenheit über den Tegut abzuranten.
Man betritt den Laden, es ist kühl. Angenehm – trügerisch. Es gibt frisch geschnittenes Obst. Du willst das Obst auch gleich essen? Kein Problem, das Besteck findest du beim Frittenwerk. Es gibt keine Sahne. Ich habe diesen Laden schon für Stunden systematisch nach Sahne durchsucht. Es gibt sie nicht, sie ist ein Mythos. Aber wer in diesem Laden etwas anderes als Getränke und Snacks kauft, hat sowieso die Kontrolle über sein Leben verloren.
Deshalb steuere ich für gewöhnlich direkt die Kasse an. Dabei muss muss man am Kaffeeautomaten vorbei. Was ist da passiert? Der Kaffeeautomat ist die einzige Sache, vor der die Leute länger stehen – weil sie auf ihren Kaffee warten. Und genau dieser Automat steht an der engsten Stelle des Ladens, die man passieren muss, wenn man direkt zu den Getränken will. Also stehen die einen davor, die anderen wollen vorbei, sodass Gedränge garantiert ist – genial.
Wenn man nun also sein Getränk hat (natürlich führt der Tegut auch „Christinen Carat Naturelle“, das räudigste Wasser auf dem Planeten – ich würde eher aus dem Neckar trinken), kann man sich in die Schlange stellen, die sich durch den halben Markt zieht.
Wer, bitte wer, hat diese Kassen geplant? Wie ist es möglich, sechs Kassen so zu bauen, dass nur zwei gleichzeitig benutzt werden können? Man wird derart schnell abkassiert, als würden die Kassierer im Lagerraum geschlagen werden, wenn sie zu lange für einen Kunden brauchen. Ich erinnere mich noch, wie ich einst – wie man das als Student so tut – eine größere Menge Bier dort kaufte. Und da es eine größere Menge war, hatte ich Probleme damit, alle Flaschen in meinem Rucksack zu verstauen und blockierte kurz die Kasse. Der Kassierer bat mich doch bitte die Kasse frei zu machen, aber mit einem derart schmerzlichen Gesicht und solch einem Flehen in der Stimme, das ich mir wirklich nur mit der unmittelbaren Erwartung körperlicher Schmerzen erklären kann.
Ach, und es gibt Einkaufskartons. Denn Tüten wären auch viel zu naheliegend. Wer will denn keinen Karton zum Einkaufen?
Doch dann war ich wieder dort einkaufen. Und plötzlich gab es Gabeln und sogar Sahne. Dass es überhaupt einen Kaffeeautomaten gibt, ist gut. Die Getränkeauswahl hat mich noch nie im Stich gelassen und das Tabakangebot ist für einen Supermarkt recht umfangreich. Ich muss also nach meinem Saulus-Paulus-Moment diesen allseits verhassten Supermarkt in Schutz nehmen und zugeben – so schwer mir das auch fällt: Der Tegut ist… ok.
Ein Kommentar von Moritz Becker