Was passiert, wenn der Marstall seine Tore schließt? Ein Blick in die Zukunft
Seit Anfang Mai – und das ist leider kein Witz – ist das Gerücht offiziell bestätigt: Die Marstall-Mensa wird renoviert. Eine Vertreterin des Studierendenwerks verriet dem Stura, es ginge unter anderem um die Erfüllung von Brandschutzrichtlinien. Eine Gruppe von Expert:innen sei mit dem Projekt betraut worden. Wie genau man den Verlust ausgleichen wolle, sei allerdings noch unklar. Losgehen soll es in ungefähr zwei Jahren.
Wir schreiben also das Jahr 2025. Nach jahrelangen Ankündigungen ist es soweit: Der Marstall schließt und lässt eine Generation von perspektivlosen Studierenden zurück. Am Tag der Katastrophe stehen zahlreiche orientierungslose junge Menschen vor den geschlossenen Türen der geliebten Mensa. Wo soll jetzt gegessen werden? Wo gibt es Kaffee zu verkraftbaren Preisen? Was dient jetzt als neuer sozialer Hotspot?
Marstalli bleibt!
Etwa 120 Studierende, welche die Nahrungsgrundlage kommender und aktueller Generationen durch die Schließung des Marstalls gefährdet sehen, haben sich vor der Baustelle eingefunden und die Initiative „Marstalli bleibt!“ ins Leben gerufen. Mit einem Zeltlager wollen sie eine Mahnwache halten. Womöglich bleiben bald nur noch Hoffnung und Campingkocher.
Überraschender Andrang im Feld
Inmitten des Chaos herrscht bescheidene Freude bei der Verwaltung der Bibliothek im Neuenheimer Feld. Aufgrund des maroden Zustands des Gebäudes und der größtenteils älteren technischen Ausstattung ist die Zweigstelle bei vielen unbeliebt. Durch die Nahrungsknappheit in der Altstadt und erste Abwanderungen zur Mensa im Feld konnte am gestrigen Mittwoch ein neuer Besucherrekord von etwa 23 Studierenden gefeiert werden.
Gänsejagd mit Eckart
Kriminalitäts-Hotspot, Partylocation und bald wohl auch ein Restaurant der etwas anderen Art: Die Neckarwiese wird seit Jahren hitzig diskutiert. Um den drohenden Hunger und die zunehmend chaotischen Zustände um die ehemalige Marstall-Mensa in Schach zu halten, verkündete die Stadtverwaltung, dass die Gänse ab kommenden Montag zur Jagd freigegeben sind. Wie das bei den oftmals vegetarisch und vegan lebenden Studierenden ankommt, bleibt abzuwarten. Würzner verkündete heute, dass er sich bereits auf das neue Dialogformat „Enten- äh, Gänsejagd mit Eckart“ und den damit einhergehenden Austausch mit den Studierenden freue.
Der Notfallplan der Uni
Natürlich bleibt die Unruhe in der Altstadt auch von Universität und Studierendenwerk nicht unbemerkt. Bei einem kurzfristig anberaumten Notfalltreffen werden gemeinsame Maßnahmen beschlossen, welche die Situation entschärfen sollen. Zentral wird entschieden, im Keller der UB einen weiteren Snackautomaten aufzustellen und das Sitzplatzangebot der Triplex um einen weiteren Tisch im Innenhof zu erweitern. Das Rektorat zeigt sich besorgt angesichts der unsicheren Lage. Nach einem Statement der Rektorin Frauke Melchior meldet sich auch der ehemalige Rektor Bernhard Eitel zu Wort: Zwar halte er sich aktuell in den Alpen auf und sei von der Situation nicht betroffen, seine Gedanken seien aber bei den Studierenden. Auch die Reaktion aus der Politik lässt nicht lange auf sich warten: Winfried Kretschmann erklärt im Gespräch mit Betroffenen, Studierende hätten keinen Grund, verhungern zu müssen.
Verwirrung auf dem Uniplatz
Während einige Studierende direkt zu Mahmouds oder Safari ziehen, um dem Schock mit einem Falafel zu begegnen, machen sich andere auf die Suche nach dieser anderen Mensa, die sich angeblich auch in der Altstadt befindet. Triplex oder so hieß die doch? Mehrere Gruppen irren auf dem Uniplatz umher und fragen Google Maps nach Hilfe. Wer die Triplex kennt, schleicht sich über den Innenhof nach drinnen – bloß nicht die Massen auf das begrenzte Nahrungsangebot aufmerksam machen!
Heidelberger Investment-Tipp
Nach und nach versinkt die Altstadt im Chaos. Die ganze Altstadt? Nein, eine Kette profitiert enorm von der Ausnahmesituation: Nachdem Mahmouds schon zuvor ein beliebter Anlaufpunkt für Studierende war, stieg die Nachfrage nach der Schließung ins Unermessliche. Auf eine dritte Filiale im Keller der Alten Geschichte folgt eine vierte im Keller der Universitätsbibliothek. Nach Heidelberg und Frankfurt expandiert die Kette in fast jede Stadt der Bundesrepublik. Schließlich gelingt der Sprung in andere Länder und auf andere Kontinente. Mahmouds wird zum internationalen Konzern.
Katastrophen-Seilbahn
Die Altstadt verwaist zunehmend und wird von der Stadtverwaltung mit Sorge beobachtet. Um die gefahrlose
Anreise zu Rathaus und Schloss weiterhin zu ermöglichen, wird im Eilverfahren eine Seilbahn gebaut, die Kornmarkt und Bismarckplatz verbindet. So kann die unsichere Gegend rund um die Marstall-Ruine und die verzweifelten Studierenden weitestgehend gemieden werden.
Neckartunnel vor dem Aus und unerwartete Alternativpläne
Der vielfach versprochene und kontrovers diskutierte Neckartunnel ist nun Geschichte – der Grund dafür kommt jedoch überraschend. Durch die Ereignisse der letzten Monate rückte die Vision der zum Fluss offenen Stadt immer weiter in den Hintergrund. Heute morgen verkündete Würzner, die Plöck unter die Erde verlagern zu wollen. Grund dafür seien die unzähligen Kollisionen von Studierenden, die auf dem Weg zum Penny auf dem Rennrad durch die Plöck rasen.
Da die Technik durch die Planung des Neckartunnels sowieso zur Verfügung stehe, könne man diese nun auch zum Wohl der Studierenden einsetzen, so Würzner.
Im Gespräch mit Studienabbrecher:innen
Besonders Studierenden aus der gehobenen Mittelschicht fällt die Umgewöhnung schwer. Wer sich die Restaurants der Altstadt nicht leisten kann, ist oftmals zum Abbruch gezwungen. Ein Jurist, der hier namentlich nicht genannt werden will, verrät uns: „Eigentlich genieße ich ja das Dark-Academia-Gefühl dieser altehrwürdigen Universität, aber die Lichtverhältnisse in der Triplex-Mensa sind dann doch zu viel des Guten.“
Nach und nach gewöhnen sich die Studierenden an die neuen Verhältnisse – oder entschließen sich dazu, die Altstadt zu verlassen. Nachdem der Lebensstandard für die studentische Bevölkerung rasant gesunken ist, zeichnet sich zum ersten Mal seit Jahrzehnten ein Rückgang der Mietpreise ab, erste Häuser stehen leer.
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Lachszucht im Brunnen und Landwirtschaft im Innenhof: Studierende des Philosophischen Seminars zeigen sich kreativ in der Nahrungsbeschaffung
Von Bastian Mucha, Julia Liebald und Carolin Roder
...studiert irgendwas mit Naturwissenschaften (Molekulare Biotechnologie) und schreibt seit Sommersemester 2023 für den ruprecht. Neben der Leitung der Bildredaktion ist er vor allem für Illustrationen, Wissenschaft und Satire immer zu haben.
...studiert Geschichte und Germanistik und ist seit 2020 beim ruprecht aktiv. Nach der Leitung der Ressorts Studentisches Leben und Weltweit interessiert sie sich inzwischen vor allem für das Layout.
Carolin Roder studiert Soziologie. Seit dem Sommersemester 2023 schreibt sie für den ruprecht. Am liebsten über gesellschaftliche Themen und alles das, was eigentlich verändert gehört.