Das Kurpfälzische Museum lädt zu einer Zeitreise in Bildern ein
Passend zum neu erschienenen Band „Heidelberg in den 50er Jahren“, herausgegeben vom Stadtarchiv Heidelberg, beherbergt das Kurpfälzische Museum zurzeit die gleichnamige Sonderausstellung, geplant und durchgeführt von Karin Tebbe.
Im Fokus der Ausstellung: Fritz Hartschuh, der mit seiner Kamera bis zu 7000 Fotos des Heidelberger Alltagsleben eingefangen hat. Der gebürtige Heidelberger selbst war kein gelernter Fotograf, sondern 30 Jahre im Druck der Rhein-Neckar-Zeitung tätig. Allerdings interessiert er sich vor allem für den Bild- sowie Farbdruck. Seine Fotos verleihen der Ausstellung durch ihre Nähe zum Geschehen einen lebendigen Charakter. Aber auch andere Ausstellungsstücke laden zu einer Reise in die Nachkriegszeit ein.
Bisher besuchten die Ausstellung vor allem Ältere und Zeitgenoss:innen, aber auch Jüngere und alle, die sich für Heidelberg interessieren, sollten die Ausstellung keinesfalls verpassen, so Tebbe. Repräsentiert wird die breite Stadtgesellschaft: Ob beim Ausbau der heutigen Theodor-Heuss-Brücke (früher Friedrichsbrücke) oder beim Autowaschen im Neckar, Heidelberg wird in seinen vielen Facetten von Hartschuh abgelichtet und für die Nachwelt festgehalten.
Die 1950er Jahre waren von Optimismus und Aufbruchstimmung geprägt. Heidelberg stehe laut Tebbe repräsentativ für die gesamte Entwicklung der BRD nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Es kam zu einem regelrechten Zustrom an Menschen und die Stadt musste mit dem schnellen Wiederaufbau beginnen. Die Universität öffnete rasch nach Kriegsende wieder ihre Türen und der Heidelberger Wohnungsmarkt war schon in den 1950er Jahren überlastet. Ebenso wurde der Grundstein für den Tourismus gelegt und Heidelberg zum beliebten Urlaubsort in der U.S.-amerikanischen Besatzungszone. Viele der fotografisch festgehaltenen Orte sind deutlich wiederzuerkennen, wie etwa der Innenhof der Neuen Uni oder der Blick auf die Stadt vom Philosophenweg. Ein weiteres Phänomen der 1950er Jahre sind die Kaufhäuser der Heidelberger Altstadt, die in ihren Schaufenstern den wiedergewonnenen Reichtum und Wohlstand präsentieren. Vor allem vor dem Kaufhaus Schäfer (heutiger Galeria Kaufhof) sammeln sich die Menschen und betrachten die prall gefüllten Fenster, aber „gekauft wurde meist nicht“, merkt Tebbe an. Im Rahmen des Ost-West-Konfliktes wurden bewusste Entscheidungen getroffen. Wirtschaftswunder und der Erwerb von Eigentum sollen zur Demokratisierung führen: „Als Schutz vor Sozialismus und Kommunismus“, berichtet Tebbe. Laut ihr sei der Ost-West-Konflikt wieder brandaktuell. Auch in der Heidelberger Kunst, die ebenfalls Platz in der Ausstellung findet, habe sich die klare Abgrenzung manifestiert: „Man hat nach Westen geguckt, nicht nach Osten, auf keinen Fall nach Osten“, so Tebbe.
Ihr persönliches Lieblingsstück: Die Porzellanpferde aus der Porzellanmanufaktur Nymphenburg. „Der normale Bundesbürger konnte sich so etwas nicht leisten, die Amerikaner schon“, und so stehen sie repräsentativ für das Wirtschaftswunder.
Die Ausstellung findet noch bis zum 28. Januar statt, begleitet von verschiedenen anderen Veranstaltungen. So spricht Arndt Krödel am 23. November ab 19 Uhr mit Zeitzeugen der 1950er Jahre. Am 18. Januar um 19 Uhr findet im Kurpfälzischen Museum der Vortrag „Zurück zur Normalität? Nachkrieg und Neuanfang in Heidelberg“ statt. Musikalisch wird es am 21. Januar, denn das Ensemble der Capella Carolina lädt zum „Schlager der 50er-Jahre“, Beginn 17 Uhr.
Von Anja Thea Haffner
...studiert im Global History im Master of Arts und ist seit Oktober 2023 beim ruprecht. Er interessiert sich sowohl für (stadt-)historische als auch gesellschaftliche Themen. Wenn er nicht gerade über seinen nächsten ruprecht-Artikel nachdenkt, unterstützt er die Bildredaktion.