Die Stadtdramaturgin Jana Gmelin sorgt für neuen Wind beim Zwinger x und will Impulse aus der Gesellschaft einbinden
Der Zwinger x hat seit Beginn der Spielzeit 2023/24 eine neue künstlerische Leitung. Stadtdramaturgin Jana Gmelin beschreibt den Zwinger x als Theatersparte, die „Menschen eine Bühne gibt, die aus verschiedenen Gründen nicht gehört werden.“ Deswegen passiere es, laut Gmelin, selten, dass eine Veranstaltung komplett in Eigenregie konzipiert werde wie beim traditionellen Theater. Stattdessen geschehe alles in Kooperation mit externen Partnern. Zwinger x kennt dabei im Wesentlichen zwei Wege: Entweder überlegt sich das Team der Theatersparte ein Format und geht dann auf Personen außerhalb des Theaters zu – seien es Musiker:innen, Teilnehmer:innen oder Mitveranstalter:innen. Oder das Team „gibt die Bühne ab“, so Gmelin. Ein Beispiel für letzteres sei ein Poetry-Slam-Abend am Anfang der Spielzeit vom Circle Collective, ein Künstler:innenkollektiv aus POC, das die Veranstaltung komplett selbst organisierte. Der Zwinger x stellte nur die Infrastruktur bereit. Ähnlich war das am 21. November bei der Veranstaltung „safe at night“. Hier kamen die beiden Politikerinnen Marilena Geugjes, Grünenstadträtin in Heidelberg, und Johanna Illgner, frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, auf Gmelin zu und fanden in ihr eine geeignete Kooperationspartnerin. Zusammen mit den beiden Politikerinnen erarbeitete sie ein Konzept für die Veranstaltung, die mehr als eine klassische Podiumsdiskussion Eventcharakter trug und Raum für stärkere Interaktion zwischen Publikum und Diskussionteilnehmer:innen ermöglichte. Die kontroverse Podiumsdiskussion zur Sicherheit von Frauen* und queeren Personen im Heidelberger Nachtleben führten Miriam Ott vom Frauennotruf, Bernd Köster vom Kommunalen Ordnungsdienst und Ulrike Schäfer als Leiterin der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg. Neben dem Podium gab es breiten Raum für Publikumsfragen. Im Anschluss konnte Kritik und Fragen im direkten Gespräch geäußert werden. Dazu gab es Live-Musik von „Luva“. Auch die Podiumsdiskussion selbst wurde mehrmals unterbrochen, einmal durch die beiden Aktivist:innen Jen Bihr und Anna Roth, die queere Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt eindrücklich schilderten und durch eine Schauspielerin, die echte verbale Übergriffe, die auf der Instagram-Seite „Catcallsofhd“ veröffentlicht wurden, vorlas. Diese Zwinger x-Veranstaltung liefert ein gutes Beispiel dafür, warum das Programm des Zwinger x auch Studierende besonders anspricht. Gmelin meint, der Zwinger versuche, „viele Themen abzubilden, mit denen sich eine studentische Bubble beschäftigt. “Was können wir also von dem jungen Team des Zwinger x noch erwarten? Gmelin sagt dazu, sie orientiere sich gerade erst noch in der Kulturszene in der für sie neuen Stadt. Deshalb sei es wichtig, zuzuhören und offen zu bleiben für Ideen von außen. Dabei sollen Zuschauer:innen mit „neuen Gedankenanstößen“ nach Hause gehen oder einfach mal „Fun“ haben – wie zum Beispiel beim „powerrave“ am 13. Dezember.
Von Simon Stewner
...studiert im Global History im Master of Arts und ist seit Oktober 2023 beim ruprecht. Er interessiert sich sowohl für (stadt-)historische als auch gesellschaftliche Themen. Wenn er nicht gerade über seinen nächsten ruprecht-Artikel nachdenkt, unterstützt er die Bildredaktion.