Der Namensgeber der Universität begegnet uns während des Studiums immer wieder. Aber wenige wissen genau, um wen es sich handelt und noch weniger, dass damit zwei verschiedene Personen gemeint sind
Ruprecht I. lebte von 1309-1390. Nachdem er sich ab 1329 die Herrschaft über die Pfalz mit seinem Bruder geteilt hatte, wurde er 1353 alleiniger Pfalzgraf bei Rhein und Kurfürst. Pfalzgrafen waren im weitesten Sinne Vertreter des Königs oder Kaisers, die über eine Region des Reiches herrschten.
Im Laufe seines Lebens war Ruprecht in zahlreiche Kriegshandlungen verwickelt. Trotzdem sahen seine Untertanen ihn als milden Herrscher, vor allem im Vergleich zu seinem Nachfolger Ruprecht II., auch Ruprecht der Harte genannt. Für einen spätmittelalterlichen Herrscher galt er zudem als ungebildet, dafür sollen Frömmigkeit und Religiosität in seinem Leben eine entscheidende Rolle gespielt haben.
1386 wurde unter ihm die Universität Heidelberg gegründet. Hintergrund war das sogenannte Abendländische Schisma. Zu dieser Zeit gab es im deutsch-römischen Reich nur zwei Universitäten, die beide im Osten des Reiches lagen. Viele Geistliche aus dem Westen wurden deshalb an der Sorbonne in Paris ausgebildet. Als sich in Frankreich ein Gegenpapst gegen den Papst in Rom auflehnte, wurden die Studenten aus dem deutsch-römischen Reich von der Sorbonne vertrieben. Nun musste eine Möglichkeit gefunden werden, den Klerus im eigenen Reich auszubilden.
Die Lösung lag in Heidelberg. Bei der Organisation des Lehrbetriebs und der Finanzierung spielte Ruprecht allerdings keine Rolle. Es war der Gelehrte Marsilius von Inghen, der als erster Rektor bereits 1386 ein entscheidender Akteur war und in den folgenden Jahren den Fortbestand der Uni sicherte, trotz Widrigkeiten wie Kriegen oder der Konkurrenz durch die neu gegründete Universität zu Köln. Trotzdem ist Marsilius, wie auch Ruprecht, ein kritischer Charakter. Nachdem Ruprecht gestorben war, wurden unter Ruprecht II. 1391 sämtliche Jüdinnen und Juden aus Heidelberg vertrieben, ihr Besitz wurde beschlagnahmt und vor allem von der Universität genutzt. So wurde beispielsweise die Synagoge in Heidelberg zu einer Kapelle umfunktioniert, in der auch Vorlesungen stattfanden.
Knapp 400 Jahre später wurde die Pfalz in die Markgrafschaft Baden eingegliedert, die zu diesem Zeitpunkt unter der Herrschaft des Markgrafen Karl Friedrich stand.
Karl lebte von 1728 bis 1811 und war der erste Großherzog von Baden. Wegen des frühen Todes seines Vaters und der Krankheit seiner Mutter wurden ihm schon im Alter von 18 Jahren die Regierungsgeschäfte übertragen. Er soll sich in der Anfangszeit allerdings nur wenig für seine Herrschaft interessiert haben. Im Gegenteil wird ihm in der Literatur ein ausschweifender Lebensstil vorgeworfen. Im späteren Verlauf seiner Herschaft wurden allerdings entscheidende Reformen in Bildung, Landwirtschaft, Kultur und Verwaltung durchgeführt. So wurde unter seiner Herrschaft beispielsweise die Leibeigenschaft in Baden abgeschafft.
Die Uni Heidelberg wurde zu einer staatlich finanzierten Institution, die vor allem durch den Politiker Sigismund von Reitzenstein modernisiert wurde. In den Jahren ab 1806 wurde sie nach dem Vorbild der Uni Gießen reformiert, die sich durch ein breites Fächerprofil auszeichnete und sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu einer politisierten Institution entwickelte, die vom Geist des Vormärz ergriffen war. Eine ähnliche Entwicklung kennzeichnete in einer abgeschwächten Version auch die Folgejahre der Universität Heidelberg.
Heute präsentiert sich die Uni als Zentrum für Fortschritt und Innovation. „Zukunft seit 1386“ lautet das Motto. Der Spruch klingt nett. Man verweist auf die lange Geschichte der Universität, auf die man ja auch ein bisschen stolz ist. Historisch authentisch wird er dadurch trotzdem nicht; Ruprecht und Karl waren jedenfalls keine Repräsentanten eines umtriebigen Fortschrittsgeistes.
Von Luna Nebija
...studiert irgendwas mit Naturwissenschaften (Molekulare Biotechnologie) und schreibt seit Sommersemester 2023 für den ruprecht. Neben der Leitung der Bildredaktion ist er vor allem für Illustrationen, Wissenschaft und Satire immer zu haben.