Tobias Dangel verzichtete auf eine Professur für die Kandidatur zum Bürgermeister in Wilhelmsfeld. Wie er es aus der Universität geschafft hat.
Kandidierende bei den kommenden Kommunalwahlen, die nebenbei noch Mitglieder der Universität sind, gibt es reichlich. Studierende, Mittelbau und Professor:innen stehen auf den Wahllisten der verschiedensten Parteien, Gruppen und Wähler:innenvereinigungen. Sie treten an, um in ihrer Stadt aktiv dabei mitwirken zu können, Projekte umzusetzen und sich um die Belange ihrer Mitbürger:innen zu kümmern; neben Studium oder Arbeit. Zehn Prozent der Kandidat:innen auf den Heidelberger Listen sind Studierende oder Mitglieder der Universität. Die meisten der Kandidierenden bewerben sich auf Ämter, auf die kommunalpolitische Arbeit, die neben Studium und Arbeit zu bewältigen sind. Ein solcher Kandidat ist beispielsweise Tobias Dangel.
Er ist Privatdozent am Philosophischen Seminar, promovierte, habilitierte und arbeitete zu Praktischer Philosophie. Bei der diesjährigen Kommunalwahl tritt er bei der Kreistagswahl im Wahlkreis Eberbach für die CDU an. Er wurde im Sommer 2023 von Kreisräten gefragt, ob er sich eine Kandidatur vorstellen könne, und hat zugesagt. So weit so normal.
Doch ganz normal ist die Kandidatur Herrn Dangels nicht. Neben seiner Arbeit am Philosophischen Seminar hat der Dozent seit 2022 bereits ein kommunales Amt. Allerdings, anders als bei den meisten der Kandidat:innen, hauptamtlich. Tobias Dangel ist seit dem Frühjahr 2022 Bürgermeister der Heidelberger Nachbargemeinde Wilhelmsfeld.
Damals wurde mitten in der laufenden Legislaturperiode das dortige Bürgermeisteramt frei. Der Amtsvorgänger Dangels wurde in einer anderen Stadt zum neuen Bürgermeister gewählt. Drei Kandidierende traten an, Dangel gewann die Wahl im ersten Wahlgang. Er wurde Bürgermeister von Wilhelmsfeld. Daraufhin verzichtete er auf eine Vertretungsprofessur am Philosophischen Seminar.
„Da heißt es für jemanden, der wie ich aus der Wissenschaft kommt, zunächst einmal lernen, lernen, lernen! Im Grunde springt man ins kalte Wasser und muss dann sofort schwimmen.“ Den Antworten der Gemeinderatsfraktionen zufolge ist ihm das jedenfalls gelungen. Besonders wird die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Gemeinderat gelobt. Der Wechsel von der wissenschaftlichen zur politisch-administrativen Arbeit scheint Dangel geglückt.
Zusätzlich zu seinem Amt arbeitete Dangel weiterhin am Philosophischen Seminar. Nach seiner Wahl 2022 organisierte er noch Ende des Jahres eine Forschungstagung mit und hielt im Wintersemester 2023/24 eine Vorlesung zur „Ästhetik im deutschen Idealismus“. Das Engagement am Philosophischen Seminar hat den Gemeinderäten zufolge keine Auswirkungen auf seine Arbeit als Bürgermeister. Einzelne heben hervor, dass sie die Nebentätigkeit als ausgleichend für ihn wahrgenommen haben.
Die anfängliche Belegung seiner Vorlesung im vergangenen Wintersemester unterstreicht die Kommentare von Studierenden, die den Wechsel bedauern. Die Frage nach einer Rückkehr zur Universität stellt sich für den Bürgermeister allerdings im Moment nicht, dafür spricht auch seine jetzige Kreistagskandidatur. „Ich bewege mich von Amts wegen in einem Feld, in dem man in besonderem Maße Phronesis benötigt – praktische Klugheit, um angesichts der Unberechenbarkeit des Kontingenten erfolgreich sein zu können“ antwortete Dangel dem ruprecht.
Von Robert Bretschi