Von Funke bis Schlink: Zehn Tage lang fand das internationale Literaturfestival in Heidelberg statt. Was auf dem Uniplatz geboten wurde
Romanticize me! – Romantisiert euch!“ Unter diesem Motto fand vom 20. bis 30. Juni das diesjährige Heidelberger Literaturfestival statt. Über dreißig Autor:innen, darunter Bernhard Schlink, Joanna Bator, Florian Illies und Cornelia Funke, trugen aus ihren Werken vor und beteiligten sich an Podiumsdiskussionen. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf Literatur, die sich mit Migration, Flucht und Vertreibung im Kontext der multikulturellen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts beschäftigt.
Der Schwerpunkt lag auf Migration, Flucht und Vertreibung
Dies spiegelt sich auch im neuen Namen „Feelit: Internationales Literaturfestival Heidelberg“ wieder, den die seit 1994 stattfindenden ehemaligen Heidelberger Literaturtage seit dem letzten Jahr tragen. Begonnen wurde das Festival mit einem Jubiläumsabend anlässlich des dreißigjährigen Bestehens der Literaturtage. Die Autor:innen Miriam Tag und Ralph Dutli sowie der Rapper Toni-L präsentierten das literarische Schaffen in der Stadt Heidelberg, die die Unesco-Auszeichnung „City of Literature“ trägt, mit musikalischer Begleitung. Im Anschluss fand eine Jubiläumsparty statt. Dies bildete den Auftakt für eine Reihe täglich stattfindender Veranstaltungen wie Lesungen, Podiumsdiskussionen, Filmvorführungen und Workshops. So fand am ersten Samstag der traditionsreiche Maghreb-Tag statt, an dem unter anderem der Autor Abderrahmane Ammar und der Regisseur Kamal Hachkar die Gesellschaften Nordafrikas mit einem Schwerpunkt auf jüdischem Leben und Minderheiten thematisierten. Am darauffolgenden Mittwoch diskutierten die baden-württembergische Kultur-Ministerin Petra Olschowski, die Kuratorin Jagoda Marinić sowie die Verleger Dinçer Güçyeter und Manfred Metzner über die Zukunft des Kulturgutes Buch. Daneben wurden auch Veranstaltungen speziell für Schüler:innen angeboten: So gab es Workshops zu Themen wie Songwriting-Methoden oder zu Migrationserfahrungen Jugendlicher. Bekannte Kinder- und Jugendbuchautor:innen lasen aus ihren Werken vor, darunter Cornelia Funke aus „Die Farbe der Rache“, der Fortsetzung der Tintenwelt-Trilogie, und Ralph Caspers aus „Wenn Riesen reisen“ und „Wenn Glühwürmchen morsen“. Den Abschluss des elftägigen Festivals bildete eine Veranstaltung mit Michel Friedman, dem Herausgeber der Wochenzeitung Jüdische Allgemeine und ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland. Jagoda Marinić zeigte sich bei ihrer Moderation bestürzt darüber, wie sehr seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel öffentliche Anfeindungen gegenüber Friedmans Person zugenommen haben. Dieser trat bereits beim letztjährigen Literaturfestival auf, habe aber aufgrund seiner Äußerungen zum Nahostkonflikt heftige Anfeindungen erfahren, Werbeplakate für die diesjährige Veranstaltung seien auffällig oft beschmiert worden, so Marinić. Michel Friedman selbst – begleitet von Personenschutz – betonte, er wolle sich eigentlich nicht zur Situation in Nahost äußern, sein Anliegen sei die Bekämpfung des Anti-Semitismus in Deutschland. Den Titel seines neuesten Buches – Judenhass – habe er gewählt, da seiner Meinung nach der Begriff „Antisemitismus“ mittlerweile im öffentlichen Diskurs zu schwach geworden sei. Die Brisanz seiner eigenen Sicherheit bei öffentlichen Auftritten zeigte sich auch auf dem Heidelberger Uniplatz wieder. Durch die polizeiliche Räumung einer kleinen Protestierendengruppe und ausführlichen Personenkontrollen verzögerte sich der Einlass der im Regen wartenden Besucher:innen deutlich.
Von Maximilian Fülle und Justus Brauer
...studiert Mathematik im Master und schreibt seit dem Sommersemester 2024 für den ruprecht. Neben Politik und Literatur interessiert er sich für alles, was in der Uni gerade wichtig ist.
…hielt schon immer gerne eine Zeitung in der Hand. Seit Frühling 2023 kann er seine Begeisterung für den Journalismus beim ruprecht ausleben.