Zu nass, zu heiß, zu trocken: Heidelberg schwankt zwischen Hochwasser und Hitze. Wie gut ist die Stadt gegen Extremwetter gerüstet?
Hochwasser gehören zu Heidelberg wie die Gänsekacke zur Neckarwiese. Als Stadt an einem großen breiten Fluss und zwischen steilen Berghängen kann ihr das Wasser auf zwei Weisen gefährlich werden: Plötzliche Starkregenereignisse können in wenigen Stunden zum Anschwellen kleinerer Zuflüsse wie dem Mausbach in Handschuhsheim führen. Zum anderen können ergiebige mehrtägige Niederschläge den Neckar anschwellen lassen, so wie im Juni, als ein Hochwasser die Neckarwiese und den Rand der Altstadt überflutete.
Da große Mengen an Wasser, besonders in kleineren Flussbetten, nicht schnell genug abfließen, können die Gewässer nur noch in die Breite wachsen und über die Ufer treten. Ist das Ufer unbesiedelt, kann das zusätzliche Wasser besser im Boden versickern. Das mäandernde Flussbett und die umliegenden Auen bremsen das Wasser zusätzlich aus. Außerdem sind die Lebewesen in den Auenlandschaften gut an den ständigen Wechsel von Nässe und Trockenheit angepasst.
Durch die Begradigung von Flussläufen oder versiegelte Böden werden die Fließgeschwindigkeiten der Flüsse erhöht und Versickerungsflächen zu Baugebieten, was zu stärkeren und schneller auftretenden Hochwasserereignissen führt.
Auch der Klimawandel erhöht die Hochwasserwahrscheinlichkeit: Je wärmer die Luft, desto mehr Wasser kann sie aufnehmen, was dann wiederum stärkere Niederschläge zur Folge hat. Heute gibt es im Mittel 5-15 Prozent mehr Starkregenereignisse als vor zwanzig Jahren. Wetterlagen, die Hochwasser auslösen können, werden laut Forschenden häufiger und dauern länger an.
Die Wahrscheinlichkeit für Starkregenereignisse und Hochwasser wird also auch in Heidelberg steigen. Bei diesen Extremwetterlagen setzt die Stadt vor allem auf die Warnung und Sensibilisierung der Bürger:innen durch Förderprogramme, individuelle Beratungen und eine Starkregengefahrenkarte. Sollte es dann doch zu einem Hochwasser kommen, werden je nach Pegelstand verschiedene Maßnahmen eingeleitet.
Ab einem Wasserstand von 2,60 Metern wird der Hochwasserschutzplan aktiviert. Erreicht der Neckar einen Pegel von Sechs Metern, kann der Katastrophenalarm ausgelöst und Evakuierungsmaßnahmen eingeleitet werden. Das Hochwasser im Juni erreichte einen Höchststand von 5,20 Metern. Durch mobile Hochwasserschutzwände und Sandsäcke konnte ein größerer finanzieller Schaden verhindert werden.
Um das Schadensrisiko im Falle eines Hochwassers in den einzelnen Kommunen besser einschätzen zu können, wird im Hochwasserrisikomanagementplan des Landes Baden-Württemberg zwischen vier Schutzgütern unterschieden: der menschlichen Gesundheit, dem Kulturerbe, der Umwelt und den Gewerbegebieten. Dass letztere in Heidelberg überflutet werden, ist aufgrund ihrer Lage sehr unwahrscheinlich. Auch die durch Hochwasser betroffenen Tier- und Pflanzenarten werden bei Überflutungen nicht langfristig geschädigt.
Das schützenswerte, landesweit bedeutsame Kulturerbe in Heidelberg umfasst 39 Kulturgüter, die sich hauptsächlich in der Altstadt zwischen der Hauptstraße und den Neckarstaden befinden. Dazu zählt unter anderem das Brückentor der Alten Brücke. Für andere Gebäude, wie das Studierendenwohnheim „Sibley-Haus“, das Psychologische Institut, oder die evangelische Friedenskirche besteht Gefahr erst ab einem extremen Hochwasser. Ein Hochwasser mit einem solchen Ausmaß soll allerdings laut Einschätzung des Landes seltener als einmal in 100 Jahren vorkommen.
Für Menschen kann es gefährlich werden, wenn zum Beispiel die B37 unterhalb der Alten Brücke überschwemmt ist und das Wasser an die Häuser heranreicht. Ein ungehindertes Entkommen aus diesen Gebäuden ist dann nicht mehr möglich.
Die Stadt unterhält verschiedene Hochwasserschutzeinrichtungen, wie Deiche, Hochwasserrückhaltebecken und Talsperren. Aber auch die bereits erwähnten mobilen Aluminiumwände werden eingesetzt, beispielsweise am Krahnenplatz in der Nähe des Marstalls. Diese Spundwände werden an bestehende Gebäude angeschlossen, in die entsprechende Halterungen bereits vorher eingebaut wurden.
Die Wahrscheinlichkeit für Hochwasser und Starkregen steigt auch in Heidelberg
Auch wenn der Sommer bis jetzt vor allem nass war, steigt neben dem Risiko für Überflutungen auch das für extreme Hitze. Laut statistischem Jahrbuch der Stadt Heidelberg waren die vergangenen zehn Jahre schon 1,53 Grad heißer als vor 25 Jahren. Die Stadt hat die 1,5-Grad-Marke bereits geknackt. Im vergangenen Jahrhundert gab es acht Tage im Jahr mit über 30 Grad, 2075 sollen es 40 Tage sein.
Ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Klimagutachten stufte 48,5 Prozent der Siedlungsfläche Heidelbergs bezüglich Temperatur und Luftqualität als „weniger günstig“ ein, etwa das Neuenheimer Feld und die Altstadt. Noch heißer kann es in Bergheim, der Weststadt und der Bahnstadt werden, wo kaum Durchlüftung stattfindet. Dabei kann der richtige Luftzug entscheidend sein: Die Luft von den Hängen des Odenwalds kühlt die Stadt entlang des Neckars und unterhalb der Berge deutlich ab. Das erklärt, warum die Altstadt kühler ist als die Bahnstadt, obwohl die Stadtteile ähnlich dicht bebaut sind.
Zur Anpassung an häufiger auftretende Hitzewellen wurde im Oktober 2022 ein Hitzeaktionsplan aufgestellt, der zunächst in Bergheim und der Altstadt für ein kühleres Klima sorgen soll. Wer nach kühlen Zufluchtsorten sucht, kann über die „kühle Karte“ Kirchen, Brunnen oder Bänke finden. Mehr Grün in der Stadt, mehr Trinkbrunnen, mehr Schatten ist geplant.
Die Anpassung an den Klimawandel muss dabei noch einige Hürden nehmen. So ist das Pflanzen von Bäumen in der Innenstadt durch die unterirdischen Leitungen und Rohre eine mühsame Angelegenheit. Einen einzigen Baum zu pflanzen kann so bis zu 15.000 Euro kosten. Um sich als Stadt auf die Wetterlagen der Zukunft vorzubereiten, ist es umso wichtiger, schon bei der Planung von Baugebieten kühle Räume mit einzubeziehen – genauso wie Versickerungsflächen im Hochwasserschutz.
Von Rebecca Wimberger, Alexandra Dehof und Lena Hilf
...studiert Biowissenschaften und schreibt seit dem Sommer 2024 für den ruprecht.
...studiert Physik und schreibt seit Oktober 2019 für den ruprecht. Besonders gerne widmet sie sich Glossen, die oft das alltägliche Leben sowie wissenschaftlichen oder politischen Themen. Sie leitete erst das Ressort Hochschule und später das Ressort Wissenschaft.
...studiert Physik im Master und fotografiert seit Herbst 2019 für den ruprecht. Von Ausgabe 200 bis Ausgabe 208 leitete er das Online-Ressort, von Ausgabe 205 bis 210 die Bildredaktion.