Du kennst alle Kinos Heidelbergs? Alle Kinos? Nein! Der ruprecht ist sich sicher, in diesem Kino warst du noch nie
Die Anreise auf den Emmertsgrund kann eine kleine Herausforderung bedeuten, aber sicher nichts, was begeisterte Kinogänger:innen davon abhalten würde, einen Film zu genießen. Vor allem im Ambiente eines schicken, rot vertäfelten Kinosaals, wie ihn das Cinema Augustinum bereitstellt. Warum viele Studierende aber wahrscheinlich noch nichts von dem unscheinbarsten der fünf Heidelberger Kinos gehört haben: Genaugenommen handelt es sich um den Theatersaal der Seniorenresidenz „Augustinum“. Aber warum laufen in einem Seniorenheim überhaupt Filme? Das Augustinum hat sich auf die Fahnen geschrieben, seinen Bewohner:innen ein vielfältiges Kulturprogramm zu bieten, dazu gehört auch der wöchentlich stattfindende Kinoabend.
Kulturreferent Max Hilker ist für das Programm zuständig, auch für die Auswahl der Filme. Ihm ist es wichtig, nicht nur einfach ein klassisches Seniorenkino zu bieten, sondern die Bewohner:innen am Weltgeschehen teilhaben zu lassen. „Unsere Bewohner:innen sollen mitkriegen, dass sie immer noch Teil von etwas Größerem sind.“ Deshalb liefen im letzten Jahr auch, trotz eher gering ausfallendem Interesse, „Barbie“ und „Oppenheimer“ im Theatersaal. Aber im Augustinum laufen nicht nur Filme: Täglich gibt es Lesungen, Life-Reportagen, Kunstinstallationen, Auftritte von Kabarettist:innen oder Laienchören. Auch die Generalprobe der Heidelberger Synfoniker* findet hier statt. Doch nicht nur Senior:innen sind willkommen. Neben dem normalen Eintrittspreis gibt es deswegen auch einen Ermäßigten, der auch für Studierende gilt. Mit den Eintrittspreisen finanziert sich das Kulturprogramm zum großen Teil selbst, während unter anderem das Gehalt des Kulturreferenten durch die Pensionsbeiträge der Bewohner:innen getragen wird.
Max Hilker freut sich, wenn Gäst:innen das Angebot des Augustinum wahrnehmen, egal ob Angehörige oder Externe. Der Austausch, der dadurch entstehe, ist für ihn ein wichtiger Teil des Programms. „Die Atmosphäre ist eine ganz andere, wenn Gäste da sind und nach den Veranstaltungen kommt es eigentlich immer zu wertvollen, intergenerationalen Gesprächen.“ Für Studierende ist das Angebot dementsprechend auch eine Möglichkeit, sich außerhalb von den alltäglichen universitären Kreisen zu bewegen. Von den kommenden Veranstaltungen der nächsten Wochen kann Hilker besonders die von Michael Serrer* empfehlen. Wenige Wochen nach Vergabe des Literaturnobelpreises stellt dieser jedes Jahr die Preiträger:in und das Lebenswerk in einer Mischung aus Vortrag und Lesung vor. Für alle, die Lust auf ein vielfältiges Kulturprogramm in einem etwas ungewöhnlichen Rahmen haben, lohnt sich ein Blick in das Veranstaltungsprogramm und ein Ausflug zum Emmertsgrund. Nur Popcorn gibt es leider nicht.
Von Marei Karlitschek
*Angaben korrigiert
...studiert Politikwissenschaft und Geschichte. Sie ist seit April 2024 beim ruprecht und schreibt für alle Ressorts, die sie in die Finger kriegt.