Land, Leute und Labor: Unser Autor war in Kanada und berichtet, warum ein Forschungspraktikum im Ausland eine einmalige Gelegenheit sein kann
Auslandserfahrung sammeln, ohne Klausuren schreiben zu müssen. An aktueller Forschung mitarbeiten, dafür finanziell unterstützt werden und dabei auch noch Zeit haben, ein neues Land und seine Kultur kennenzulernen.
Klingt zu schön, um wahr zu sein? Ist aber möglich, mit dem RISE Weltweit-Programm des Deutschen Akademischen Austausch- dienstes (DAAD).
Das Programm richtet sich an Bachelorstudis aus MINT Studiengängen und findet für zehn bis zwölf Wochen im Sommer statt. Dabei ist der Zeitraum nach Absprache mit den Betreuenden flexibel wählbar, sodass das Praktikum entweder während des Sommersemesters oder zwischen den Semestern durchgeführt werden kann.
Ziel ist es dabei, schon im Bachelorstudium relevante Forschungserfahrung zu sammeln und internationale Verbindungen zu ermöglichen. Gefördert wird das ganze durch den DAAD, der Studierenden für den Praktikumszeitraum mit einer Reisepauschale, einer Auslandsversicherung und einem Vollstipendium unterstützt.
Zur Auswahl stehen hunderte Projekte an Unis und Forschungseinrichtungen in verschiedenen Ländern. Für Praktika in Kanada gibt es eine gesonderte Bewerbung über die kanadische Organisation ,,mitacs”, bei der man zusätzlich eine Auswahl aus über 2000 Projekten in ganz Kanada hat. Insgesamt darf man sich auf drei Projekte bewerben, wobei die Bewerbung für bis zu sieben kanadische Projekte als ein Versuch gezählt wird.
Nach dem Einsenden der Bewerbungsunterlagen wird man von den Professor:innen, die das jeweilige Forschungsprojekt anbieten, gegebenenfalls zu einem Onlineinterview eingeladen und mit etwas Glück bekommt man nach Fristende ein Angebot für eines der Projekte. Falls man mit diesem nicht zufrieden ist, kann man sich jedoch nicht mehr umentscheiden. Die Vorauswahl sollte daher wohl überlegt sein.
Ich habe über das Programm in diesem Sommer ein Praktikum an der University of Alberta in Edmonton, Kanada absolviert. Ziel des Projekts war die Auswertung astrophysikalischer Simulationen, die von einem Doktoranden aus der Forschungsgruppe entwickelt wurden. Ich hatte nicht nur die Gelegenheit, direkt an der aktuellen Forschung mitzuarbeiten, sondern konnte zudem an Seminaren und Journal Clubs mit anderen Forschenden teilnehmen.
Allgemein gab es viele Möglichkeiten zum kulturellen und akademischen Austausch, auch mit anderen Praktikant:innen, die im Sommer zahlreich an der Uni vertreten sind. Viele dieser Erfahrungen hätte ich in einem normalen Auslandssemester nicht erleben können, zumal es keine strikte Abgaben oder Klausuren gab, wodurch ich nach der Arbeit viel Freizeit hatte.
Um diese Freizeit zu nutzen, gibt es sowohl in als auch außerhalb der Stadt viele Möglichkeiten. Edmonton liegt im Westen Kanadas, etwa vier Autostunden von den Rocky Mountains entfernt.
Die Stadt selbst ist durch die Ölindustrie Albertas eher industriell geprägt und hat, wie viele nordamerikanische Städte, mit Obdachlosigkeit und der Opioidkrise zu kämpfen. Nichtsdestotrotz gibt es viele Parks, Museen und Festivals, die es zu erkunden gilt. Beispielsweise das jährlich stattfindende Heritage Festival, welches die kulturelle Vielfalt Kanadas in Musik, Tanz, Kunsthandwerk und Kulinarik widerspiegelt.
Um dem Großstadtdschungel zu entkommen, gibt es die Möglichkeit, an Ausflügen der Universität teilzunehmen, oder auf eigene Faust mit dem Mietwagen loszuziehen. Beides habe ich gemacht und konnte so die einzigartige Vielfalt der kanadischen Natur hautnah erleben. Zwischen Bergen und Bären lässt es sich abseits des Forschungsalltags wunderbar wandern.
Von Silas Janke