Neulich war ich am Neckarufer Basketball spielen und hatte einen dementsprechend guten Tag. Ich hatte schon eine Weile alleine gespielt, als ein Vater und seine kleine Tochter dazu kamen. Normalerweise freut mich sowas immer, denn Kinder haben meistens so eine süße und kreative Art, Spiele als genau das aufzufassen, was sie sind: eben Spiele, die Spaß machen sollten.
Gerade darum war der Kontrast zwischen meiner üblichen Freude und dem Missmut, der danach bei mir aufkam, an diesem Tag so groß. Nach einer Weile Spielen, fiel mir etwas aus dem Augenwinkel auf:
Dieses Mädchen trug teurere Jordans als ich! Ihr müsst euch dabei vorstellen, dass sie ca. 2 Basketbälle hoch und ein Basketball breit war. Sie konnte vermutlich weder den Namen Michael Jordan richtig aussprechen noch hatte sie auch nur die leiseste Idee davon, wer er war. Sie musste nicht springen, nicht schnell auf den Beinen sein oder blitzartig beschleunigen oder abbremsen können und ihre Knöchel müssen in dem Alter hoffentlich auch noch nicht geschützt werden.
Ich sage dies alles garantiert nicht, um mich über sie lustig zu machen, nein. Alles, was ich sagen will, ist, dass die Welt, in der sie solche Schuhe bräuchte, und die Welt, in der wir leben, nicht verschiedener sein könnten. Denkt man darüber nach, dass meine Jordans und die Schuhe, die jeder Lesende gerade anhat, mit einer nicht geringen Wahrscheinlichkeit von Kinderhänden hergestellt wurden, mutet es nur noch grausamer an, dass die Schuhe dieses Mädchen wohl von noch viel kleineren Kinderhänden produziert wurden.
Und für was? Es ist nicht für sie, denn sie wird den Unterschied zweier Paare nicht fühlen, wird von ihren Kindergartenfreund*innen keinerlei Prestige ergattern können, weil die Marke bekannt ist oder der Preis hoch ist. Nein, es ist lediglich für uns Erwachsene, die unsere perverse Obsession mit Marken, Preisen und Style immer mehr an unseren Kindern auslassen, die, wären sie woanders geboren, Opfer und nicht Nießnutzer dieser Ideen werden würden.
Von Matthias Lehnen
...studiert Geschichte und PoWi, schreibt meistens Unernstes und Erlogenes, aber auch manchmal Sachen für den ruprecht.
...studiert irgendwas mit Naturwissenschaften (Molekulare Biotechnologie) und schreibt seit Sommersemester 2023 für den ruprecht. Neben der Leitung der Bildredaktion ist er vor allem für Illustrationen, Wissenschaft und Satire immer zu haben.