Ob unheimlich komisch oder traurig und mitreißend, die Schauspielgruppe des Anglistischen Seminars hat alles zu bieten. Das ganz Besondere an diesem Short Play Evening sind die von Studenten selbst geschriebenen Stücke.
„Und die Maden fressen sich durch mein Fleisch und das Blut spritzt wie Saft aus meinem Körper“, sagt der Schauspieler, zieht ein rotes Tuch aus dem Ärmel und fällt umständlich zu Boden. „Ach wie schlecht und theatralisch“, hört man es aus der einen Ecke des Publikums. Der daneben sitzende, von sich viel haltende Regisseur meldet sich zu Wort und fragt empört, ob ihnen die Tiefsinnigkeit entgangen sei. Weiter vorn im Publikum sieht man zwei vom Stück überwältigte Männer. Sie schauen sich plötzlich in die Augen und glauben, sich und ihre Gefühle in dem jeweils anderen wiederzuerkennen. Diesen Effekt hat der Regisseur allerdings nicht erwartet. „In the Audience“ heißt das kurze Bühnenstück von Jonas Hock. Hier sitzt das Publikum sich selbst und seinen eigenen Emotionen gegenüber.
Ein weiteres Stück ist eine Adaptation der Kurzgeschichte „Nachts schlafen die Ratten doch“ von Wolfgang Borchert aus dem Jahre 1947. Die Szene zeigt einen neunjährigen Jungen, der zwischen kaputten Häusern und Schutthaufen sitzt. Als ein Fremder vorbeikommt und ihn fragt, ob er denn nicht Hunger habe, sagt der Junge er müsse seinen toten Bruder, der unter den Trümmern liegt, bewachen. Er könne nicht weggehen, denn sonst fressen ihn die Ratten. Der Fremde macht sich Sorgen um das Kind und sagt: „Ratten schlafen nachts, wusstest du das nicht?“ Gerade, als er das Kind überzeugt hatte, wird er von einem Soldaten erschossen.
Die Schauspielgruppe des Anglistischen Seminars präsentiert diese Woche sechs kurze Bühnenstücke im Romanischen Keller. Die vier Abende sind eine Kurzversion des Short Play Festivals von vor zwei Jahren. Wie bereits damals haben auch dieses Mal Studenten die Stücke selbst geschrieben.
Die 22-jährige Isabella Freilinger ist die Autorin des Stückes „Water Wings“. Auf der Bühne sieht man eine Badewanne. Kara springt in voller Montur hinein und das Wasser spritzt über den Boden. Anne hingegen traut sich nicht und würde gern lieber ihre Schwimmflügel holen. Kara taucht mit dem Kopf unters Wasser und sagt plötzlich nichts mehr. Anne findet das nicht lustig, sie hat Angst, dass ihre Freundin ertrunken ist. Als Kara wieder auftaucht, zieht sie Anne ins Wasser und lacht.
Es ist eine schöne, aber auch traurige Geschichte über die lebenslange Freundschaft zwischen zwei Mädchen. Als die beiden Freundinnen älter sind, erfährt Anne, dass Kara eine alkoholsüchtige Mutter hat. Anne dreht sich zum Publikum und erzählt, dass Kara immer für sie da ist, immer einen Ausweg weiß und immer alles zum Guten wendet. Eines Tages ist Kara nicht mehr da.
Isabella hat mit 15 Jahren ihr erstes Stück geschrieben und will auch jetzt und in Zukunft nicht damit aufhören. „Andere Leute fahren Fahrrad oder spielen Fußball, ich schreibe Stücke“, sagt sie lachend und nimmt ihre Glückwünsche entgegen.
Noch bis Freitag, den 5. Juli kann man sich die kurzen Bühnenstücke um jeweils 20 Uhr im Romanischen Keller in der Seminarstraße 3 anschauen. Karten können mit einer E-Mail an hotshorts2013@gmail.com reserviert oder an der Abendkasse gekauft werden.
von Sandra Hadenfeldt