Die aktuelle Periode der Exzellenzinitiative läuft 2017 aus. Das sorgt für Unsicherheit in der deutschen Hochschullandschaft.
Die Exzellenzinitiative hat Deutschlands Universitätslandschaft elitärer gemacht. 2006 im Zuge des Bologna-Prozesses ins Leben gerufen, verfügt die Initiative des Bundes und der Länder jedes Jahr über etwa 470 Millionen Euro. Ziel ist es, die „Spitzenforschung sichtbar zu machen und den Wissenschaftsstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb zu stärken.“
Gemeinsam von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und vom Wissenschaftsrat durchgeführt, verfolgt die Exzellenzinitiative drei Förderlinien: Graduiertenschulen, Exzellenzcluster zur Förderung der Spitzenforschung und Zukunftskonzepte für die Universitäten als Ganzes. In drei Ausschreibungsrunden wurden insgesamt 4,6 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Das Stichwort ist immer wieder „Spitze“: Spitzenforschung, Spitzenleistung, Spitze im wissenschaftlichen Nachwuchs. Deutschland hat sich so seine eigenen Eliteuniversitäten, damit aber auch die Grundlagen für ein künftiges „Zwei-Klassen-Hochschulsystem“ geschaffen. Im Oktober 2017 läuft die zweite Programmphase der bisherigen Exzellenzinitiative aus.
Ende des letzten Jahres haben die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder einen Grundsatzbeschluss über die Nachfolge des Wettbewerbes gefasst. Nun geht es darum, konkrete Ziele festzulegen. Die Ergebnisse dazu sollen Anfang 2016 vorliegen, außerdem werden Vorschläge zu den neuen Förderformen erarbeitet, die im Sommer 2016 vorliegen sollen.
Welche Bedeutung haben die bisherige Exzellenzinitiative und ihre Reform für Heidelberg? Die Universität hat von der Exzellenzinitiative stark profitiert. Die beiden Exzellenzcluster „Cellular Networks“ und „Asien und Europa im globalen Kontext“ würden ohne die finanziellen Mittel der Initiative nicht existieren. Auch die drei Graduiertenschulen sind auf die jährlichen 25 Millionen Euro Förderung oder rund vier Prozent des Unihaushalts angewiesen.
Bei den Universitäten macht sich nun Unsicherheit breit, da die Weiterförderung langfristiger Projekte und Forschung aktuell nicht gewährleistet ist. Stephen Hashmi, Prorektor für Forschung und Struktur in Heidelberg, betont, dass die Universität – nicht in den direkten politischen Entscheidungsfindungsprozess eingebunden – ihre Stimme indirekt durch die Hochschulrektorenkonferenz und die U15, einer Lobbygruppe der 15 forschungsstarken Universitäten, hörbar macht. Nun warte man in Heidelberg auf Entscheidungen, so Hashmi. „Wenn die Entscheidung zu kurz vor Auslaufen der Exzellenz-initiative fällt, dann verlieren wir die mühsam im bisherigen Verlauf aufgebaute Expertise und wichtige Nachwuchswissenschaftler, weil die dann auf ein potentielles Auslaufen ihrer Stellen rechtzeitig reagieren müssen und abwandern.“
Der erste wichtige Schritt sei mit dem Beschluss zum Finanzumfang nun getan. Für zehn Jahre werden 400 Millionen jährlich für die Fortsetzung der Exzellenzinitiative und zusätzlich 100 Millionen pro Jahr für die Nachwuchsförderung bereitgestellt. Jetzt geht es darum, die genauen Kriterien der Ausschreibung zu erfahren. „Wie genau sich dabei Cluster und Graduierten weiterentwickeln, kann man in Unkenntnis des Ausschreibungsformats jetzt noch nicht genau sagen, wir haben denkbare Szenarien aber bereits fest im Blick“, so Hashmi.
Was geschieht, wenn der Status als „Elite-Uni“ wegfällt, konnte man zu Beginn der zweiten Förderrunde 2012 in Freiburg, Göttingen und Karlsruhe erleben. Die Universitäten scheiterten mit dem in der Öffentlichkeit besonders strahlkräftigen Zukunftskonzept, konnten den finanziellen Verlust jedoch durch Auslauffinanzierungen DFG und der Länder größtenteils auffangen. In Göttingen wurden eine Graduiertenschule sowie ein Exzellenzcluster außerdem weiterhin gefördert. Für das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) waren die Einbußen in Relation zu den auf dem freien Forschungsmarkt eingeworbenen Drittmittel ohnehin recht gering. Von Seiten des KIT hieß es damals: „Vieles von dem, was wir uns vorgenommen hatten, werden wir trotzdem umsetzen, wenn auch nicht so schnell wie erhofft“. Am bittersten dürfte für alle drei Unis der Verlust des Elite-Siegels gewesen sein.
Einige Aussagen zum neuen Exzellenzwettbewerb legen nahe, dass die Rubrik „Zukunftskonzept“, also eben das Elite-Siegel, abgeschafft wird. Der Vorsitzende der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz, Manfred Prenzel, hatte dem Konzept bereits 2014 eine „Denkpause“ verordnet. Gerade in der SPD sei man gegen sogenannte „Leuchtturm-Projekte“ und möchte Breite und Spitze nicht gegeneinander ausspielen, so Hubertus Heil, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag. Sein Gegenüber von der Unionsfraktion, Michael Kretschmer, allerdings spricht sich für eine weitere Elite-Orientierung aus.
Ein Aspekt der in der neuen Förderrunde wichtig werden soll, sind regionale Kooperationen mit Forschungseinrichtungen und Wirtschaft. In dieser Hinsicht ist die Uni Heidelberg dank zahlreicher, bereits bestehender Kooperationen schon relativ gut aufgestellt. Die Idee der Exzellenz-Unis könnten dann in Exzellenz-Regionen überführt werden.
Die neuen Profiteure könnten dann beispielsweise die bisher von der Exzellenzinitiative ausgenommenen Fachhochschulen sein. So soll laut Bundesbildungsministerin Johanna Wanka die „Verbesserung insbesondere der forschungsorientierten Lehre“ im neuen Wettbewerb zentral werden. Zusätzlich zum Ringen um den Elite-Status könnte so die Konkurrenz zwischen den Universitäten und den in die Forschung strebenden Fachhochschulen verschärft werden.
Auch wenn die genaue Form noch nicht bekannt ist, so steht fest, dass es mit der Exzellenzinitiative weitergeht. Besonders die in Aussicht gestellte Förderung der Lehre würde auch den Universitäten gut tun, sofern sie denn auch dort ankommt. Derzeit stehen die Chancen für die Uni Heidelberg nicht schlecht, auch nach 2017 weitergefördert zu werden. Möglicherweise mit neuen regionalen Kooperationen – trotz oder gerade wegen der Konkurrenz um die Fördermittel.
von David Kirchgeßner und Dorina Marlen Heller