Der StuRa diskutiert Aufwandsentschädigung für Ämter in der Verfassten Studierendenschaft.
Hera Sandhu musste sich zu Beginn dieses Semesters entscheiden: Vorsitzende der Verfassten Studierendenschaft (VS) bleiben oder in einem Nebenjob arbeiten? Sie wählte Letzteres und erklärte bei ihrem Rücktritt auch den Grund – den Nebenjob brauche sie zwingend für ihren Lebensunterhalt, aber damit bleibe keine Zeit mehr für ihr arbeitsintensives Ehrenamt. Seitdem sucht der StuRa vergeblich nach einem neuen weiblichen Vorsitz.
Vor einer ähnlichen Situation steht inzwischen auch der Finanzreferent, Wolf Weidner. Wie Sandhu spielt er mit dem Gedanken, sein Amt aus Zeitgründen aufzugeben. Damit wäre auch dieses Referat zum wiederholten Male unbesetzt.
Als Lösung präsentiert sich nun ein neuer Antrag im StuRa: Der Finanzreferent soll künftig eine Aufwandsentschädigung in Höhe des Bafög-Höchstsatzes bekommen, also etwa 670 Euro im Monat. Gestellt hatte den Antrag ein anderer Referent, André Müller aus dem Referat für Ökologie und Nachhaltigkeit. Damit steht erneut die Grundsatzfrage im Raum: Soll der StuRa für VS-Ämter Aufwandsentschädigungen bezahlen? Und würde das für mehr Engagement sorgen? Auch wenn das Thema erst in den kommenden Sitzungen verhandelt wird, zeichnet sich jetzt schon eine hitzige Grundsatzdiskussion ab, die Fronten scheinen verhärtet.
Wer sich im StuRa oder der Verfassten Studierendenschaft (VS) engagiert, tut das fast immer, ohne Geld dafür zu bekommen – selbst wenn er oder sie 20 oder gar 40 Stunden pro Woche in sein Amt steckt. Doch nach Rücktritten und angesichts von zahlreichen unbesetzten Stellen flammt im StuRa nun erneut die Debatte um Aufwandsentschädigungen auf.
Bislang erhalten Mitglieder des Wahlausschuss, Wahlhelfer und die Sitzungsleitung des StuRa eine geringe Aufwandsentschädigung, finanziert aus dem allgemeinen Haushalt des StuRa und aus den VS-Beiträgen der Studierenden. Ansonsten galt bisher der Konsens: Ämter in der VS sind Ehrenämter und damit unbezahlt. Inzwischen gehen die Meinungen auseinander, einige Gruppierungen im StuRa können sich durchaus vorstellen, Geld für bestimmte Ämter zu bezahlen. Die Gegner der Entschädigungen bezweifeln dagegen, dass sich durch eine Bezahlung mehr Studierende engagieren würden. Sie wollen vor allem die internen Kosten des StuRa möglichst niedrig halten.
Auf Anfrage des ruprecht erklärt zum Beispiel der RCDS: „Der StuRa sollte keine Plattform sein, um die Zwangsbeiträge der Studenten in die Taschen der Referenten und Funktionsträger umzuschichten.“ Auch die Liberale Hochschulgruppe sieht die Gefahr, dass der StuRa sich „zu einer teuren Selbstverwaltung“ aufblasen könnte. Die Fachschaft Theologie ist sich sicher, dass ein solches Ausgabeverhalten „schwer vermittelbar“ sei, daneben prophezeit die Fachschaft Jura das „Unverständnis“ der Studierenden. Grundsätzlich sollte der StuRa laut der FS Theologie rein ehrenamtlich bleiben, denn er habe noch nicht den „Status eines Dachsystems“ für alle studentischen Gruppen erreicht.
Dem widersprechen die Befürworter vehement: Die Grüne Hochschulgruppe, der SDS, die WiSo-Liste und die Fachschaften VWL und Medizin pochen übereinstimmend auf die Wichtigkeit von Posten wie dem Vorsitz oder dem Finanzreferenten. Sie seien für die Aufgaben der VS essentiell und sowieso gesetzlich vorgeschrieben. Eine funktionierende VS komme „letztendlich allen zugute“ (WiSo-Liste/VWL), ohne sie „leiden alle Studierenden kollektiv“ (SDS).
Während die Entschädigungsgegner kein vermehrtes Engagement durch Bezahlung erwarten, bedauert die WiSo-Liste, dass „in vielen Positionen und Ämtern tolle Arbeit geleistet wird, diese aber aufgegeben werden muss, weil es zeitlich neben Studium und Nebenjob leider nicht reicht.“ Der SDS hofft, durch Aufwandsentschädigungen finanzielle Hürden für das arbeitsintensive Engagement zu überwinden: „Die soziale Selektivität politischer Ämter der Verfassten Studierendenschaft, also dass nur die sozial besser gestellten Studierenden sich politisches Engagement leisten können, würde damit wirksam bekämpft werden.“ Welche Ämter letztendlich Aufwandsentschädigungen bekommen könnten sowie die genaue Höhe dieser Zahlungen wäre hingegen für die meisten Befürworter noch diskutabel.
Ein Blick über den Heidelberger Horizont hinaus zeigt: Aufwandsentschädigungen für VS-Ämter sind keine Seltenheit und teilweise schon lange etabliert. So bekommen beispielsweise Studierende in Dresden, Leipzig oder Darmstadt Geld für ihr Engagement in der VS ihrer Uni. Die Höhe der Entlohnung variiert dabei und kann geringe Summen als Aufwandsentschädigungen, aber mehreren Hundert Euro pro Monat betragen.
von Simon Koenigsdorff