Patienten und Ärzte verlieren zunehmend ihr Vertrauen in die Organspende. Grund dafür sind die immer wieder für Empörung sorgenden Transplantationsskandale. Die Betrugswelle hat nach Berlin und München-Großhadern nun auch Heidelberg erreicht. In den Jahren 2010 und 2011 sollen im Universitätsklinikum 33 Patienten ein Spenderherz erhalten haben, denen es, zu diesem Zeitpunkt, nicht zustand. Dies wurde ermöglicht, indem herzmuskelstärkende Medikamente vorsätzlich nicht an Patienten verabreicht wurden. So rückten sie auf den Transplantationslisten nach vorne. Infolgedessen wurden andere Patienten wahrscheinlich benachteiligt. Die Staatsanwaltschaft Heidelberg ermittelt inzwischen wegen des Verdachts der versuchten gefährlichen Körperverletzung. Die Uniklinik selbst hatte bereits im August Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Zuvor wurden bei einem Bericht der Bundesärztekammer die Manipulationen offengelegt. Der leitende ärztliche Direktor, Guido Adler, ließ im Oktober verlauten: „Es ist gegen die Regeln verstoßen worden.“
Urteile beim vergleichbaren Lebertransplantationsskandal in Göttingen von 2012, lassen vermuten, dass es bis zum abschließenden Urteil der Ermittlungen noch dauern wird: Im Mai 2015 wurde der Fall mit Freispruch des angeklagten Leiters der Transplantationschirurgie abgeschlossen. Konsequenzen für das Heidelberger Uniklinikum, welches in den Jahren 2010 bis 2014 121 Spenderherzen verpflanzt hat, sind somit jetzt noch nicht abzusehen. So äußert sich auf Anfrage auch das Klinikum: zurzeit seien keine konkreten Aussagen möglich, da „die Thematik uns noch beschäftigt“.
Vorfälle wie diese sind für das sensible Thema der postmortalen Organspende „sicher in keiner Weise förderlich“, so die Heidelberger Lokalgruppe der Studierendeninitiative Aufklärung Organspende. Als Konsequenz der Transplantationsskandale seit 2012, die ihren Anfang in Göttingen nahmen, erreichte die Zahl der Organspenden im Jahr 2013 einen neuen Tiefpunkt. Die Deutsche Stiftung Organspende vermeldete 16,3 Prozent weniger Organspenden als im Vorjahr. Ob diese Zahl nach den jüngsten Entwicklungen noch weiter zurückgehen wird, bleibt abzuwarten.
von Johanna Lübke